Listingprozess Regulierter Markt

Listingprozess Regulierter Markt General Standard

Prospekt

Für das öffentliche Angebot von Wertpapieren, etwa bei einem IPO, muss ein Wertpapierprospekt veröffentlicht werden. Dieser soll den zukünftigen Investoren ermöglichen, sich ein Bild über die angebotenen Wertpapiere und das Unternehmen zu machen und auf dieser Basis die Investitionsentscheidung zu treffen.

Kurz und knapp - das müssen Sie machen:

  • Erstellung des Wertpapierprospektes zusammen mit dem Emissionshaus und gegebenenfalls Rechtsberatern und Wirtschaftsprüfern
  • Einreichung des Prospektes bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Billigung
  • Veröffentlichung des gebilligten Prospektes vor Beginn des öffentlichen Angebots bzw. vor der Börsenzulassung

Rechtsgrundlage für den Wertpapierprospekt

Grundsätzlich bedarf es nach den Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) und des Börsengesetzes (BörsG) im Rahmen eines öffentlichen Angebotes oder für die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel an einem organisierten Markt eines Wertpapierprospektes. Die in den Gesetzen vorgesehenen Befreiungen von dieser Pflicht sind konkret benannt und stellen die Ausnahme von der Regel dar. Der Prospekt ist ein Informations- und Haftungsdokument und muss die gesetzlich normierten Angaben enthalten, die erforderlich sind, damit sich die Anleger über den Emittenten, die ihnen angebotenen Wertpapiere und insbesondere über die damit verbundenen Risiken ein zutreffendes Urteil bilden können.

Rechtsgrundlage der Prospektpflicht bei öffentlichen Angeboten ist § 3 WpPG für Wertpapiere, die im Inland öffentlich angeboten werden (Absatz 1) bzw. die im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen (Absatz 3). Als öffentliches Angebot gilt nach § 2 Nr. 4 WpPG eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden. Die im WpPG genannten Ausnahmen, unter welchen die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospektes nicht besteht, sind in der Praxis und für den hier beschriebenen Fall des klassischen IPO von untergeordneter Bedeutung, können jedoch bei späteren Kapitalmaßnahmen Bedeutung erlangen.

§ 32 Absatz 3 Börsengesetz (BörsG) verweist für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem Regulierten Markt auf das WpPG und verlangt die Vorlage eines nach den Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) gebilligten Prospektes.

Prospektbilligung

Zuständig für die Billigung des Wertpapierprospektes ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Marie-Curie-Straße 24-28
60439 Frankfurt am Main

Telefon: +49 (0) 2 28-41 08-0
Fax: +49 (0) 2 28-41 08-123
E-Mail: poststelle-ffm@bafin.de

Der Prospekt ist bei der Behörde als unterzeichnetes Original in einfacher Ausfertigung zusammen mit einem Antragsschreiben einzureichen. Sofern das Unternehmen die Billigung des Dokumentes nicht selbst beantragt, ist eine entsprechende Bevollmächtigung dem Antragsschreiben beizufügen. Nähere Informationen zum Inhalt des Antragsschreibens und weiterer notwendiger Unterlagen können Sie beispielsweise einer von der Bafin veröffentlichten Broschüre „Der Wertpapierprospekt“ entnehmen.

Die Aufsichtsbehörde entscheidet nach Abschluss einer Vollständigkeitsprüfung des Prospektes einschließlich einer Prüfung der Kohärenz und Verständlichkeit der vorgelegten Informationen über die Billigung des Prospektes, § 13 Abs. 1 WpPG. Die Vollständigkeit ist dann zu bejahen, wenn der Wertpapierprospekt Mindestangaben gemäß der Prospektverordnung sowie weitere gesetzlich vorgeschriebene Bestandteile enthält (z.B. bestimmte Warnhinweise in der Zusammenfassung). Eine darüber hinausgehende inhaltliche Prüfung führt die BaFin nicht durch, so dass ein gebilligter Prospekt dennoch fehlerhaft sein kann. Dies bedeutet, dass trotz Billigung Prospekthaftungsansprüche zum Beispiel nach § 21 WpPG geltend gemacht werden können.

Nach den gesetzlichen Vorgaben, muss die BaFin innerhalb von zehn Werktagen nach Eingang des Prospektes über den Antrag auf Billigung entscheiden, § 13 Abs. 2, 3 WpPG. Die Frist beträgt zwanzig Werktage, wenn das öffentliche Angebot Wertpapiere eines Emittenten betrifft, dessen Wertpapiere noch nicht zum Handel an einem in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums gelegenen organisierten Markt zugelassen sind und der Emittent zuvor keine Wertpapiere öffentlich angeboten hat, also bei einem IPO. Diese genannten Fristen beginnen nach dem Wortlaut der Vorschrift erst mit Einreichung eines vollständigen Prospektes zu laufen.

In der Praxis erhalten Emittent und Emissionshaus oder auch mitarbeitende Rechtsanwaltskanzleien meist ca. zwei bis drei Wochen nach Ersteinreichung des Prospektes Anmerkungen zur eingereichten Prospektfassung seitens der BaFin. Nach Überarbeitung des Dokumentes und Einreichung einer zweiten Fassung bei der Billigungsbehörde kommt es in der Regel zu weiteren Kommentaren der BaFin. Die konkrete Bearbeitungsdauer bei der BaFin hängt daher sehr von der Qualität des eingereichten Dokumentes wie auch von der Komplexität der jeweiligen Sachverhalte ab. Es empfiehlt sich, im Rahmen des IPO-Zeitplans frühzeitig, bei Unklarheiten bezüglich des notwendigen Prospektinhaltes bereits vor Erstellung des Dokumentes, mit der Billigungsbehörde in Kontakt zu treten.

Der Wertpapierprospekt ist nach Billigung bei der BaFin zu hinterlegen und vor Beginn des öffentlichen Angebotes zu veröffentlichen, vgl. § 14 WpPG. Die Veröffentlichung des Prospektes ist Voraussetzung für die Zulässigkeit des öffentlichen Angebots. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung des Prospektes eine Voraussetzung für die Zulassung der Wertpapiere zum Regulierten Markt.

Veröffentlichung des Wertpapierprospektes

Es bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, den Prospekt zu veröffentlichen, § 14 WpPG. Der Prospekt kann in einer Zeitung, die den Anforderungen des § 14 Abs. 2 Nr. 1 WpPG gerecht wird, abgedruckt werden, was im Hinblick auf den Umfang eines solchen Dokumentes tatsächlich nicht umsetzbar ist. Alternativ kann der Prospekt in gedruckter Form bei der Börse, an welcher die Wertpapiere zugelassen werden sollen, beim Emittenten selbst, bei den Emissionsbanken oder den Zahlstellen zur kostenlosen Ausgabe bereitgehalten werden. Auch ist die Veröffentlichung des Prospektes auf der Website des Emittenten, der Emissionsbanken oder der Zahlstellen oder auf der Homepage der Börse, an welcher die Wertpapiere zum Handel zugelassen werden sollen, möglich. Bei einer Veröffentlichung des Prospektes im Internet ist auf Verlangen vom Emittenten oder den Emissionsbanken eine Papierversion kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ort und Datum der Veröffentlichung des Prospektes hat der Emittent der BaFin unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

Inhalt des Wertpapierprospektes

Der notwendige Mindestinhalt des Wertpapierprospektes ist durch die EU-Prospektrichtlinie 2003/71/EG (zuletzt geändert durch die Änderungsrichtlinie 2010/73/EU), die Verordnung EG Nr. 809/204 (ProspektVO, zuletzt geändert durch die Verordnung EG Nr. 862/2012) und das WpPG genau vorgegeben. Nach der allgemeinen Norm des § 5 Absatz 1 WpPG muss der Prospekt in leicht analysierbarer und verständlicher Form verfasst sein und sämtliche Angaben enthalten, die im Hinblick auf den Emittenten und die Wertpapiere notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten sowie über die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte zu ermöglichen. Die Formulierungen müssen dabei so gewählt werden, dass die Angaben über den Emittenten und die Wertpapiere leicht verständlich erfasst und ausgewertet werden können. Die folgende Tabelle zeigt exemplarisch den Aufbau und die entsprechenden Gliederungspunkte eines im Rahmen eines IPO erstellten Wertpapierprospektes:

Wertpapierprospekt
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung des Prospekts
Risikofaktoren
Allgemeine Informationen

Das Angebot

  •  Gründe für das Angebot
  •     Verwendung des Emissionserlöses
  •     Kosten der Emission
  •     Interessen Dritter an der Emission
Angaben zu den Wertpapieren
  •     Ergebnis und Dividende je Aktie
  •     Dividendenpolitik
  •     Verwässerung
Angaben zur finanziellen Situation des Emittenten
  •     Kapitalausstattung, Verschuldung und Fremdfinanzierungsbedarf
  •     Ausgewählte Finanzinformationen
  •     Darstellung und Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
Angaben zur Geschäftssituation des Emittenten
  •     Markt- und Branchenübersicht
  •     Regulatorisches Umfeld
  •     Geschäftstätigkeit
Allgemeine Informationen über die Gesellschaft
  •     Angaben über das Kapital der Gesellschaft und
  •     weitere wichtige Satzungsbestimmungen
  •     Organe der Gesellschaft und Mitarbeiter
  •     Aktionärsstruktur (vor und nach Durchführung des Angebots)
  •     Geschäfte mit und Rechtsbeziehungen zu nahe stehenden Personen
Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland
Finanzteil
Glossar
Jüngste Entwicklung und Ausblick

In der Praxis besteht der Wertpapierprospekt für Aktienemissionen in der Regel aus einem einzigen Dokument. Die Inhalte einiger der oben aufgeführten Gliederungspunkte werden nachstehend kurz erläutert. Bitte beachten Sie, dass die folgende Darstellung lediglich eine grobe Orientierung bietet und nicht als einzige Grundlage für eine Prospekterstellung geeignet ist. Einzelheiten sollten bei Unklarheiten mit dem zuständigen Referat der BaFin abgesprochen werden:

  • Zusammenfassung:

Die Zusammenfassung enthält alle Kernaussagen in gekürzter Form einschließlich der Risikofaktoren

  •     Risikofaktoren:

Hier sind die in Bezug auf den Emittenten, die Branche des Emittenten und die für die anzubietenden und/oder zum Handel zuzulassenden Wertpapiere einschlägigen Risiken zu beschreiben.

  • Informationen über den Emittenten und die Wertpapiere:

Die Informationen über den Emittenten und die Wertpapiere stehen im Mittelpunkt des Wertpapierprospektes. Sie sind in der konkreten Darstellung abhängig von individuellen Besonderheiten der Gesellschaft. Beispielsweise muss im Falle einer Holding oder eines Start-up-Unternehmens die Struktur insbesondere bei der Darstellung der operativ tätigen Konzernunternehmen oder der Unternehmenshistorie berücksichtigt werden.
In Bezug auf den Emittenten sind neben einer Beschreibung seiner gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse (Angaben aus dem Handelsregister einschließlich der Kapitalentwicklung sowie der Satzung) auch seine Organe und deren Mitglieder sowie Angaben über die Mitarbeiter in den Prospekt aufzunehmen. Die Ausführungen zur Geschäftstätigkeit umfassen eine Darstellung der Haupttätigkeiten unter Angabe wichtiger Produkte und Dienstleistungen einschließlich der Aufnahme der Umsätze, die in bestimmter Art und Weise aufgeschlüsselt werden müssen, der wesentlichen Sachanlagen sowie der Abhängigkeit von Patenten, Lizenzen oder wichtigen Verträgen. Auch der Markt und das Marktumfeld sowie das Wettbewerbsumfeld der Gesellschaft werden erläutert. Schließlich ist die gesamte Unternehmensgruppe zu beschreiben. Angaben zur Kapitalausstattung, Verschuldung und Fremdfinanzierungsbedarf des Emittenten sind ebenso im Prospekt offen zu legen wie Informationen zu den bisherigen Aktionären, der Aktionärsstruktur (vor und nach dem Angebot der Wertpapiere) und den möglicherweise bestehenden Beherrschungsverhältnissen. Zudem sind Angaben über Ergebnis und Dividende je Aktie sowie über die Dividendenpolitik des Emittenten einzufügen. Informationen über Geschäfte mit nahe stehenden Personen sind im Prospekt zu beschreiben. Neben der Darstellung ausgewählter Finanzangaben, unabhängig von dem Finanzteil des Prospektes (vgl. historische Finanzinformationen), ist die Vermögens- Finanz- und Ertragslage der letzten drei Geschäftsjahre zu diskutieren.

  •     Öffentliches Verkaufsangebot:

Es sind Angaben über das öffentliche Verkaufsangebot und dessen Gründe sowie die Mittelverwendung in den Prospekt aufzunehmen. Dazu gehören neben dem Zeitplan für das öffentliche Angebot insbesondere auch Informationen bezüglich der Anzahl der angebotenen Aktien, die Nennung des Angebotspreises bzw. der Preisspanne und des Angebotszeitraumes. Im Prospekt finden sich auch Aussagen über die geplante Börsenzulassung und voraussichtliche Notierungsaufnahme. Es werden Aussagen zu möglichen Stabilisierungsmaßnahmen, Mehrzuteilungs- und Greenshoe-Option getroffen. Schließlich sind etwaige Marktschutzvereinbarungen offen zu legen und eine Zahl- und Hinterlegungsstelle zu benennen.

  •     Historische Finanzinformationen:

Im Prospekt sind die Jahresabschlüsse des Emittenten für die vorangegangenen drei Geschäftsjahre abzudrucken. Daneben besteht unter Umständen die Verpflichtung zur Einfügung eines Zwischenberichts und, sofern dies zur Erreichung von aussagekräftigen Finanzinformationen notwendig ist, von sogenannten Pro-forma-Finanzinformationen. Neben den nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen erstellten Konzernabschlüssen ist in der Regel auch der letzte den Einzelabschluss nach dem nationalen Rechnungslegungsstandard des Emittenten (d.h. für deutsche Emittenten nach HGB) aufzunehmen aufzunehmen, um den Anforderungen im Hinblick auf Angaben zur Bemessung der Gewinnausschüttung gerecht zu werden.

  •     Geschäftsgang und –ausblick:

Hier sind wesentliche Entwicklungen seit den jüngsten historischen Finanzinformationen zu beschreiben und ein Ausblick zu geben.

  •     Formalien:

Der Prospekt enthält regelmäßig ein Deckblatt und beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis. Je nach Geschäftsbereich kann es hilfreich sein, für Fachausdrücke der Branche ein Glossar in den Prospekt aufzunehmen. Unverzichtbar sind die Unterschriften von Vertretern des Emittenten und der beteiligten Emissionsbanken, die sich auf der Unterschriftenseite als letzter Seite des Prospektes finden.

Bedeutung des Prospektes für die Börsenzulassung

Grundsätzlich ist die Veröffentlichung eines gebilligten Wertpapierprospektes Voraussetzung für die Zulassung von Wertpapieren zum Regulierten Markt. Dies bedeutet, dass Billigung und Veröffentlichung des Prospektes der Entscheidung über die Zulassung zeitlich zwingend vorausgehen müssen. Der Prospekt ist unter Angabe von Art und Weise der Veröffentlichung und dem Billigungsbescheid der BaFin dem Antrag auf Zulassung von Wertpapieren zum Regulierten Markt beizufügen.

Die Rechtsgrundlage hierzu findet sich in § 32 Absatz 3 BörsG, der für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem Regulierten Markt auf das WpPG verweist und die Vorlage eines nach den Vorschriften des WpPG gebilligten und veröffentlichten Prospektes verlangt.

Prospekthaftung

Die zuvor in § 44 BörsG zu findende Anspruchsgrundlage der börsengesetzlichen Prospekthaftung ist auf § 21 WpPG übergegangen, dessen Voraussetzungen nachfolgend grob umrissen werden:

Der einschlägige Haftungstatbestand liegt im Erwerb börslich zugelassener Wertpapiere auf der Grundlage eines unrichtigen oder unvollständigen Prospektes.

Grundsätzlich beschränkt sich die Haftung auf die aufgrund des Prospektes erworbenen Wertpapiere, welche zum Beispiel im Rahmen der Erstemission zugelassen wurden. Sofern andere Wertpapiere, die nicht aufgrund des betreffenden Prospektes zugelassen wurden, nach Ausstattungsmerkmalen oder in sonstiger Weise von jenen aufgrund des infrage stehenden Prospektes zugelassenen Wertpapieren unterschieden werden können, soll für diese Wertpapiere auch nicht aufgrund dieses Prospektes gehaftet werden, § 21 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 WpPG.

Das schuldrechtliche Erwerbsgeschäft muss innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung des Prospektes und nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere abgeschlossen worden sein, wobei es nicht erheblich ist, ob es sich um den Erst- oder um nachfolgende Erwerbe handelt.

Der Erwerber hat Anspruch auf Erstattung des Erwerbspreises zuzüglich der üblichen mit dem Erwerb verbundenen Kosten gegen Rückübertragung der Wertpapiere. Ist der Erwerber nicht mehr Inhaber der Wertpapiere, kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem Erwerbs- und dem Veräußerungspreis einschließlich der mit den Wertpapiergeschäften verbundenen üblichen Kosten verlangen. In beiden Fällen ist der Erwerbspreis begrenzt durch den ersten Ausgabepreis der Wertpapiere, § 21 Abs. 2 WpPG.

Im Hinblick auf die Merkmale „unrichtig“ und „unvollständig“ ist anzumerken, dass es sich bei dem Merkmal „unvollständig“ um einen Unterfall von „unrichtig“ handelt, so dass ein unvollständiger Prospekt immer auch unrichtig ist. Unvollständig ist der Prospekt, wenn wesentliche oder vorgeschriebene Angaben im Prospekt nicht enthalten sind. Die Aufnahme aller in der ProspektVO geforderten Angaben bedeutet nicht, dass der Prospekt auch vollständig ist. Vielmehr nähert man sich diesen Anforderungen, wenn der Prospekt dem Publikum unter anderem ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die Wertpapiere ermöglicht, siehe § 5 Abs. 1 WpPG und „Inhalt des Wertpapierprospektes“.

Die unrichtigen oder unvollständigen Angaben müssen gemäß § 21 Abs. 1 WpPG für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlich sein. Unter Berücksichtigung von § 23 Abs. 2 Nr. 2 WpPG sind jedenfalls Angaben wesentlich, die bei ihrer ordnungsgemäßen Aufnahme in den Prospekt nicht zu einer Minderung des Börsenpreises der Wertpapiere beigetragen hätten.

Eine börsengesetzliche Prospekthaftung besteht nicht, sofern die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospektes nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht, demnach nicht bekannt war oder die Unkenntnis auf Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße beruht, § 23 Abs. 1 WpPG. Hier gewinnen die zuständigen Emissionsbegleiter an Bedeutung, die helfen, durch die Erstellung des Prospektes, die Abgabe von Legal und Disclosure Opinions der Rechtsberater und Comfort Letters durch die Wirtschaftsprüfer eine „Legal Defense“ aufzubauen und gegebenenfalls zur Enthaftung beitragen. Grundsätzlich haftet auch der in der Regel zu den Emissionsbegleitern zählende Mitantragsteller des Antrags auf Zulassung der Wertpapiere zum Regulierten Markt im Rahmen der börsengesetzlichen Prospekthaftung.

Zu beachten ist, dass die Prospektbilligung durch die BaFin nicht Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospektes indiziert. Neben der vorstehend in Grundzügen dargelegten börsengesetzlichen Prospekthaftung existieren mit der Prospekthaftung nach dem Vermögensanlagengesetz, der investmentrechtlichen Prospekthaftung und der zivilrechtlichen Prospekthaftung noch weitere Haftungstatbestände, auf welche hier nicht eingegangen wird.

Häufig gestellte Fragen

Wo sind Wertpapierprospekte erhältlich?

Der Prospekt ist nach Maßgabe des § 14 WpPG zu veröffentlichen. Zumeist ist er in gedruckter Form beim Emittenten oder den Emissionsbanken sowie auf der Website des Emittenten verfügbar. Zudem unterhält die BaFin eine Datenbank („Hinterlegte Prospekte für Wertpapiere“), von welcher Wertpapierprospekte abgerufen werden können.

Wie lange ist ein Wertpapierprospekt gültig?

Nach § 9 Absatz 1 WpPG ist ein Prospekt nach seiner Billigung zwölf Monate lang für öffentliche Angebote oder Zulassungen zum Handel an einem organisierten Markt gültig, sofern er um etwa erforderliche Nachträge (§ 16 WpPG) aktualisiert wird. Zusammengefasst dient der Nachtrag der Aktualisierung, aber unter Umständen auch der Berichtigung des Prospekts durch Darstellung „jeder wichtiger neuer Umstände“ oder Korrektur „jeder wesentlichen Unrichtigkeit“. Im Lichte der Prospekthaftung sollte die Notwendigkeit der Abfassung von Nachträgen sorgfältig geprüft werden.

Grundlegende Informationen für Emittenten

Informationen zur Rechtsgrundlage, zu den Bestandteilen, zur Sprache und zu weiteren Punkten rund um das Wertpapierprospekt haben wir für Sie im Rahmen der 'Grundlegenden Informationen' zusammengestellt.

Kontaktperson

BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Referat PRO1
Telefon: +49-(0) 228-41 08-0